Gipfelergebnis hilft nicht weiter

 

Zum Beschluss des Europäischen Rates erklärt der SPD-Bundestagsabgeordnete und Europa-Experte Dr. Martin Schwanholz: "Der Beschluss des Europäischen Rates, neue Regeln in der Eurozone lediglich in einem zwischenstaatlichen Vertrag zu vereinbaren, ist bedauerlich und nach einer Änderung im Rahmen der EU-27 oder zumindest innerhalb des europäischen Primärrechts allenfalls die drittbeste Lösung."

"Die konservative britische Regierung entfernt sich seit Langem zusehends von der EU, die nationalkonservative ungarische Regierung darüber hinaus vom europäischen Demokratiemodell. Ein Voranschreiten der Eurozone mit weiteren Ländern ist deshalb per se nicht schlecht.

Es kommt aber auf die Ausgestaltung an. Nur wenn neue vertragliche Regeln auch nachhaltig zur Lösung der Krise in Europa beitragen, bringt ein neuer Vertrag einen Mehrwert. Aber der ausschließliche Fokus auf den sofortigen, massiven Abbau der öffentlichen Schulden geht weiterhin am eigentlichen aktuellen Problem der Staaten und Banken vorbei. Das dringende Refinanzierungsproblem der notleidenden Staaten ist nach wie vor ungelöst. Hierzu bedürfte es einer Garantie der Staatsanleihen - doch dazu fehlt der deutschen Regierung der Mut. Und sie agiert einmal mehr als Krisenverschärfer. Die Rolle der EZB wird verschwiegen, gemeinsame Stabilitätsanleihen weiterhin ausgeschlossen: Glaubwürdige Politik sieht anders aus.

Das Vorziehen des ESM ist ein gutes Signal: Damit wird eine weitere sozialdemokratische Forderung endlich aufgegriffen. Die Stabilität der Währungsunion durch strengere Regeln für die Haushaltsdisziplin zu stärken, ist zwar ein richtiger Baustein, für sich genommen jedoch nicht ausreichend.

Eine Antwort auf eine langfristige Perspektive bleiben die Regierungschefs nach wie vor schuldig. Denn weder gibt es einen Vorschlag zur Fortentwicklung des ESM zu einem echten Europäischen Währungsfonds (EWF) noch konkrete Ideen für Wachstumsimpulse. Ohne wirtschaftliches Wachstum wird jedoch die Haushaltskonsolidierung ein aussichtsloses Unterfangen bleiben.

Von entscheidender Bedeutung wird nun sein, wie die europäischen Institutionen Kommission und Europäisches Parlament, aber auch die nationalen Parlamente in die Verhandlungen und die Durchführung des Vertrages einbezogen werden. Nur ein gemeinschaftliches, demokratisches Vorgehen ist hier akzeptabel.

Des Weiteren muss der Deutsche Bundestag umgehend und umfassend in die weiteren Schritte einbezogen werden, damit er seine vom Bundesverfassungsgericht untermauerte Integrationsverantwortung aus Artikel 23 des Grundgesetzes wahrnehmen kann. Wir fordern daher eine parlamentarische Debatte zu den Gipfelergebnissen in der kommenden Woche."

 
    Europa
 

 


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