Schwanholz: Atomausstieg allein ist noch keine Energiewende

 


Zu den abschließenden Beratungen zu den Energiegesetzen im Deutschen
Bundestag erklärt der energiepolitische Sprecher für Europa Dr. Martin
Schwanholz (SPD):

Mit der Vorlage des Energiepakets haben die Bundesregierung und die sie
tragende Koalition eine Kehrtwende in der Energiepolitik vollzogen.
Schwarz-Gelb kehrt mit geringfügigen Änderungen zurück zum rot-grünen
Atomausstieg aus dem Jahr 2000.

Wir beglückwünschen Union und FDP dazu, dass sie jetzt wieder auf dem energiepolitischen Stand von vor elf Jahren sind.

Die Bundesregierung muss sich an der damaligen Umsetzung des Ausstiegs messen lassen: Der von SPD und Grünen umgesetzte Atomausstieg war rechtssicher, verfassungsfest, frei von Entschädigungsleistungen und wurde nicht beklagt. Zudem folgte er dem überwiegenden Willen in der deutschen Bevölkerung.

Allein mit einem Ausstieg aus der Atomenergie ist die Energiewende noch lange nicht erreicht. Vielmehr wäre es jetzt notwendig, in vielen Bereichen den von SPD und Grünen eingeleiteten Umbau unseres Energiesystems hin zu einem sicheren, bezahlbaren und nachhaltigen Energiedienstleistungssystem fortzusetzen. Doch mit der heutigen Verabschiedung des Gesetzespakets haben die Regierungsfraktionen den entgegengesetzten und damit falschen Weg eingeschlagen. Schwarz-Gelb hat bewusst darauf verzichtet, in einem breiten Konsens fraktionsübergreifend die Eckpunkte für den Schlüsselsektor Energie festzulegen. Ein politischer und gesellschaftlicher Energiekonsenses wurde damit verhindert. Dabei wäre ein solcher Konsens ein wichtiger Schritt, die Akzeptanz bei den Menschen für wichtige Infrastrukturprojekte wie Stromnetze, Speicher oder Erneuerbare-Energien-Anlagen zu erhöhen. Hierdurch besteht die Gefahr, dass die mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz angestrebte Beschleunigung des Stromnetzausbaus verfehlt wird.

Auch die heute beschlossenen Novellen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
(EEG) und des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) behindern den Ausbau der
Erneuerbaren Energien und schaden dem Industriestandort Deutschland. Die mit dem EEG beschlossene Einführung der sogenannten Marktprämie wird das EEG für die Verbraucher teurer machen ohne die dringend nötige Entwicklung von Speichern und Verbundanlagen zur Verstetigung der Einspeisung anzureizen. Dies und die Kürzung des Grünstromprivilegs behindern die notwendige Markt- und Systemintegration der Erneuerbaren Energien. Diese Einschätzung wurde auch von den Experten bei der Anhörung zum EEG im Deutschen Bundestag geteilt. Das schwarz-gelbe EEG:
weniger Kilowattstunden für mehr Geld.

Im Energiewirtschaftsgesetz hätten CDU/CSU und FDP die Chance gehabt, eine seit Jahren diskutierte angemessene Vergütung der von den stromintensiven Industrien bereitgestellten zu- und abschaltbaren Lasten festzuschreiben. Denn im Zuge des Ausbaus der häufig fluktuierenden Erneuerbaren Energien gewinnt die Bedeutung der zu- und abschaltbaren Lasten für die Netzstabilität eine wachsende Bedeutung. Doch wieder einmal lassen die selbsterklärten schwarz-gelben Wirtschaftsfreunde die Unternehmen im Stich.

Bei der energetischen Sanierung im Wohnungsbau bleibt die Bundesregierung hinter den Erfolgen der letzten Legislaturperiode zurück. Die vorgesehenen Instrumente sind unzureichend konzipiert, unterfinanziert und sozial unausgewogen. Sie verschrecken die Mieter und lassen die Vermieter und Investoren ohne klare Signale.
Es zeigt sich, dass die von der Bundesregierung anlässlich der Atom-Katastrophe in Japan in panischer Eile zusammengewerkelten Gesetzesnovellen den notwendigen Umbau unseres Energiesystems behindern.


Diese Eile ist auch dem Wunsch der Regierung geschuldet, das Thema Energie aus der öffentlichen Diskussion zu nehmen. Doch das wird ihr schon deshalb nicht gelingen, weil sich schnell zeigen wird, dass die für den Systemumbau notwendigen Investitionen in erneuerbare und konventionelle Kraftwerkskapazitäten sowie Netze auf sich warten lassen und die Systemstabilität auf der Strecke bleibt.
 

 
    Umwelt und Nachhaltigkeit
 

 


Kommentar schreiben

Netiquette
 

Spamschutz

Senden
 

Netiquette

Schließen
 

Unsere Internetseite soll eine Plattform für ernsthafte Diskussionen sein, bei dem Toleranz, Offenheit und Fairness zu den Grundprinzipien gehören. Wir begrüßen sachliche und konstruktive Inhalte, die zu einer angeregten Diskussion beitragen und der Meinung anderer Kommentatoren tolerant und unvoreingenommen begegnen. Wird gegen diese Grundprinzipien verstoßen, kann dies zur Löschung von Kommentaren führen.

Um bei uns zu kommentieren muss die eigene E-Mail-Adresse angegeben werden. Selbstverständlich wird diese E-Mail-Adresse nicht veröffentlicht und auch nicht an Dritte weitergegeben. Die Angabe einer falschen E-Mail-Adresse ist ein Verstoß gegen unsere Nutzungsbedingungen. Wir machen daher Stichproben, die dann zur Löschung von Kommentaren führen können. Mit Absenden des Formulars werden unsere Nutzungsbedingungen anerkannt.