Transaktionssteuer vs. Aktivitätssteuer vs. Bankenabgabe

 

Zur Diskussion über eine Beteiligung des Finanzsektors an den von ihm verursachten Krisenkosten über neue Steuern beziehungsweise Abgaben erklärt Wirtschaftswissenschaftler Dr. Martin Schwanholz (SPD):

Nach der weltweiten Finanzkrise und dem anschließenden weltweiten Konjunkturabsturz rollt gegenwärtig die dritte Welle der Krise - die Staatsschuldenkrise.

Insofern steht die Politik jetzt vor einer dreifachen Aufgabe:

- Durch geeignete Eingriffe auf den Finanzmärkten erneuten Krisenbildungen dort wirksam vorzubeugen.

- Eine koordinierte Wachstums- und Konsolidierungspolitik zu implementieren, die einerseits einen Ausweg aus der Staatsschuldenkrise aufzeigt, andererseits das Wiederaufflammen der Krisenherde auf den Finanzmärkten und in der Realwirtschaft vermeidet.

- Die Finanzindustrie als Krisenverursacher angemessen an den bei den Staaten entstandenen Krisenkosten (der IWF geht für die G20 von durchschnittlich mindestens 2,7 Prozent des BIP als reine Rettungskosten ohne die Folgen der Wachstumsverluste aus) zu beteiligen.

Es ist klar, dass diese großen und sehr verschiedenen Aufgaben nicht mit einem einzelnen Instrument wirksam angegangen werden können. Es braucht im Gegenteil einen vielfältigen Mix aus regulatorischen, steuerlichen und wirtschaftspolitischen Maßnahmen, um den Herausforderungen mit einiger Aussicht auf Erfolg begegnen zu können.

Insofern ist jeder Versuch zweifelhaft, von vorn herein mögliche Maßnahmen nur als Alternativen zu diskutieren, anstatt zu überlegen, ob und gegebenenfalls wie verschiedene Instrumente kombiniert werden können, um die ganze breite der Aufgabenstellungen besser abdecken zu können.

Insbesondere in der Debatte über mögliche steuer- beziehungsweise abgabenpolitische Instrumente ist es in den vergangenen Wochen - in vielen Fällen sicher nicht ohne Absicht - zu solchen voreiligen Alternativstellungen gekommen, anstatt dass in Ruhe nach möglichen Kombinationsmöglichkeiten für eine breitere Zielerreichung gesucht wurde. So wurde seitens der Bundesregierung über Wochen die (Schein-)Alternative Transaktionssteuer vs. Bankenabgabe aufgebaut, in den letzten Tagen trat dann die vermeintliche Alternative Transaktionssteuer vs. Aktivitätssteuer daneben beziehungsweise in den Vordergrund.

Dabei zielen die Instrumente zumindest primär auf eine jeweils andere der oben genannten politischen Aufgaben:

- Die Bankenabgabe - in der von der Bundesregierung vorgesehenen vorn oder wesentlich besser in der vom IWF skizzierten Form einer risikoorientierten sogenannten "Financial Stability Contribution (FSC)" - zielt primär auf die Bildung eines Risikofonds zur besseren Bewältigung künftiger Krisen.

- Die ebenfalls vom IWF skizzierte Aktivitätssteuer zielt primär auf einen Beitrag der Finanzindustrie zu den bereits aufgelaufenen Krisenkosten in Form einer Besteuerung der Gewinne und der Lohnsumme der Institute.

- Die Transaktionssteuer zielt primär auf eine Dämpfung der Volatitlität der Finanzmärkte durch eine Besteuerung jedes einzelnen Umsatzes, durchaus mit dem Ziel trotz sehr kleiner Steuersätze bestimmte Spekulationstransaktionen ökonomisch unattraktiv zu machen und so zu unterbinden. Die Erzielung von Einnahmen zur Bewältigung der Krisenkosten ist dabei durchaus willkommen, aber eben nicht das zentrale Ziel.

Es ist deutlich erkennbar: Wer zwei dieser Instrumente als Alternative gegeneinander stellt, der spielt mindestens implizit auch verschiedene politische Zielsetzungen gegeneinander aus, die eigentlich aber alle gleichzeitig verfolgt werden müssen.

Trotz der Verwendung unterschiedlicher Bezeichnungen - einmal Abgabe, einmal Steuer - dürfte es sich im deutschen Rechtsrahmen bei der Bankenabgabe und bei der Aktivitätssteuer jeweils um eine Sonderabgabe des Finanzsektors handeln, wobei auf unterschiedliche Bemessungsgrundlagen Bezug genommen wird. Hingegen wäre die Transaktionssteuer eine Verkehrsteuer auf den Handel mit Finanzprodukten.

Plausibler als die zuletzt intensiv diskutierte Alternative Transaktionssteuer vs. Aktivitätssteuer erscheint daher die Überlegung einer möglichen Kombination der Transaktionssteuer mit einer Bankenabgabe im weiteren Sinne, wobei die Frage nach der besten Bemessungsgrundlage dieser Abgabe unter Abwägung der verschiedenen Ansätze der geplanten deutschen Abgabe, der Aktivitätssteuer sowie der FSC zu beantworten ist.

Im Hinblick auf die Vorsorge für mögliche künftige Krisen erscheint dabei die auf das systemische Risiko zielende Komponente der FSC von besonderer Bedeutung, das sie zum Beispiel das Problem der unterschiedlichen Risikolastigkeit der verschiedenen Säulen des Bankensystems in Deutschland wesentlich direkter in Rechnung stellt, als Bemessungsgrundlagen wie Umsatz, Gewinn oder Lohnsumme.

 

 


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