Europäischer Finanzrahmen 2007 bis 2013

 

Zum Vorschlag der Europäischen Kommission zur Entwicklung des EU-Haushaltes nach 2006 erklärt der Bundestagsabgeordnete Dr. Martin Schwanholz:

Mit der Mitteilung über die politischen und haushaltspolitischen Prioritäten der erweiterten Europäischen Union für den Zeitraum 2007 bis 2013 und dem für nächste Woche angekündigten dritten Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt (3. Kohäsionsbericht) hat die Debatte um die Zukunft der erweiterten Europäischen Union eine neue Dynamik erreicht.

Bei der Diskussion um den Finanzrahmen geht es um die Frage, wie die erweiterte Europäische Union die Herausforderungen der Zukunft meistern, auf welchen Gebieten sie politische und finanzielle Schwerpunkte setzen will. Zu den wichtigsten Prioritäten gehören die erfolgreiche Integration der neuen Mitgliedstaaten, die Weiterführung einer erfolgreichen Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts, die Reformierung der gemeinsamen Agrarpolitik sowie das Setzen neuer Akzente in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, im Bereich Justiz und Inneres oder bei der Fortführung der Lissabonstrategie.

Es geht aber auch darum, wie hoch der EU-Haushalt insgesamt anwachsen soll, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, gleichzeitig aber auch die finanziellen Möglichkeiten der Mitgliedstaaten nicht zu überfordern. Angesichts der enormen Anstrengungen, die die meisten Mitgliedstaaten bei der Konsolidierung ihrer nationalen Haushalte zu bewältigen haben, darf diese Frage auch bei der Diskussion um den künftigen EU- Haushalt nicht ausgeblendet werden.

Während wir hinsichtlich der politischen Prioritäten in weiten Bereichen mit der Europäischen Kommission übereinstimmen, hätten wir uns bei der Ausgestaltung des Finanzrahmens mehr Realismus und Kohärenz gewünscht. Die Vorschläge der Europäischen Kommission sehen im Zeitraum 2007 bis 2013 ein deutliches Anwachsen des EU-Budgets vor. Das würde insbesondere die heutigen und künftigen Hauptzahlerländer wie Deutschland, Frankreich, das Vereinigte Königreich, die Niederlande, Österreich und Schweden in hohem Maße belasten. In der Konsequenz hätten sie ab 2007 pro Jahr deutlich höhere Abführungen an den EU- Haushalt zu leisten. Diese Mittel müssten durch zusätzliche nationale Einsparungen aufgebracht werden.

Damit kein Zweifel aufkommt: Wir bekennen uns zur europäischen Solidarität. Aber es gibt Grenzen der Belastbarkeit, die gerade angesichts der komplizierten Haushaltssituation vieler Mitgliedsstaaten erkennbar erreicht ist. Wir unterstützen daher die von der Bundesregierung angemahnte Begrenzung des EU-Haushaltes auf ein Prozent des Bruttonationaleinkommens.

Europäische Solidarität ist keine Einbahnstrasse: Nicht nur jene, denen es relativ am besten geht, müssen größere Anstrengungen zur Finanzierung der gemeinsamen europäischen Prioritäten erbringen, sondern auch die, die bisher profitiert haben und die dadurch in ihrer eigenen wirtschaftlichen Stärke gewachsen sind. Daher sind Einschnitte bei den bisherigen Empfängern - abgestuft nach ihrem wirtschaftlichen Fortschritt - unausweichlich.

Die Orientierung am Ziel des Wirtschaftswachstums ist zu begrüßen. Alle Ausgaben müssen auf ihre Verträglichkeit mit diesem Ziel überprüft werden. Aber damit dürfen keine zusätzlichen Ausgaben begründet werden.

Ein Widerspruch in der Argumentation der Europäischen Kommission bleibt: in der Diskussion um den Stabilitäts- und Wachstumspakt hat die Kommission nicht anerkannt, dass die Hauhaltseinschnitte negativen Einfluss auf die Wachstumschancen hätten. Bei der Finanziellen Vorausschau aber wird gerade mit dem Ziel "Stimulation des Wachstums" eine drastische Ausweitung des EU-Haushaltes begründet.

Im weiteren Verlauf der Diskussion, die nicht vor Ende nächsten Jahres abgeschlossen sein wird, müssen die Vorschläge zum EU- Haushalt und zur Neuausrichtung der Struktur- und Kohäsionspolitik analysiert und intensiv diskutiert werden.

Die künftige EU-Strukturpolitik muss insgesamt dem Ziel dienen, Europa zur dynamischsten Wirtschaftsregion mit sozialem Zusammenhalt weiterzuentwickeln.

Neben der Förderung der bedürftigsten Regionen, die für uns hohe Priorität hat, gilt es unter Beachtung der unausweichlichen Haushaltsbegrenzung solche Programme in den Vordergrund zu stellen, die durch Netzwerkbildung und Synergieeffekte einen spürbaren europäischen Mehrwert erzeugen. Daneben muss es auch zukünftig die Möglichkeit geben, in den Regionen eine eigenständige Wirtschaftsstrukturpolitik zu betreiben.

Bevor Forderungen nach einer Budgetausweitung erhoben werden, sollten die wichtigsten Prioritäten der erweiterten Europäischen Union gründlich diskutiert, die Effizienz der bisherigen Mittelverwendung in allen Bereichen geprüft, mögliche Einsparpotenziale und Umverteilungsmöglichkeiten analysiert und eine bessere Verschränkung europäischer und nationaler Politiken angestrebt werden.

 

 


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